Freiburgs Geschichte in Zitaten

Ein neues Lied vom Hecker und ein schönes neues Lied von dem weltberühmten Struwwel-Putsch

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Zurück

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Zurück

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Zurück

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Zurück

 

 

 

In der Heckermoritat lassen sich folgende Revolutionäre in ihrer offiziellen Schreibweise und in der Reihe ihres Auftretens identifizieren:

 

Friedrich Karl Franz Hecker (1811 - 1881)
Josef Ignaz Peter (1789 - 1872)
Georg Herwegh (1817 - 1875
Josef Weishaar (1814 - 1870)
Gustav von Struve (1805 - 1870)
Hinckeldey ?
Friedrich Kaiser (1815 - 1889)
Georg von Langsdorff (1822 - 1921)
Franz Sigel (1824 - 1902)
Emma Herwegh (1817 - 1904)
Reinhard von Schimmelpfennig (? - 1848)
Johann Baptist Schey (1803 - 1886)
Moriz von Miller (1792 - 1866)

 

 

Das neue Lied vom Hecker

hat Karl Gottfried Nadler 1848 gedichtet,
die Holzschnitte sind von Robert Herzberg

 

 

Seht, da steht der große Hecker,
Eine Feder auf dem Hut,
Seht da steht der Volkserwecker,
Lechzend nach Tyrannenblut.
Wasserstiefeln, dicke Sohlen
Säbel trägt er und Pistolen,
Und zum Peter sagt er:
"Peter sei du Statthalter!"

 

"Peter", sprach er, "du regiere
Constanz und den Bodensee.
Ich zieh aus und commandire
Unsre tapfere Armee;
Mit Polacken und Franzosen
Wird der Herwegh zu mir stoßen,
Und der stirbt lebendig eh'r,
Als daß er ein Hundsfott wär."

 

Pflästerer und Schieferdecker,
Alles, niederig und hoch,
Alles jauchzte unserm Hecker,
Als er aus zum Kampfe zog.
Handwerksburschen, Literaten,
Tailleurs, Bauern, Advokaten,
Alles folgte rasch dem Zug,
Als er seine Trommel schlug.

 

Rumbidibum, so hört man's schlagen,
Rumbidibum Dumdumdumbum;
Und bei Straf ließ Weißhaar sagen
Rings im ganzen Land herum:
"Tuth euch schnell zusammenraffen,
Gebt mir Mannschaft, Pferde, Waffen,
Oder ich bring alles um,
Rumbidibum Dumdumdumbum."

 

 

Durch die Baar that man jetzt wandern,
Und hernach in’s Wiesenthal,
Und daselbst stieß man bei Kandern
Auf Soldaten ohne Zahl.
Edler Gagern, wackre Hessen,
Wollt ihr euch mit Hecker messen?
Gagern, du kommst nicht zurück,
Vivat hoch die Republik!

 

 

 

Gagern wollt’ parlamentiren,
Doch das ist nicht Heckers Art;
„Ich, sprach er, soll retiriren,
Ich mit meinem rothen Bart!?“
Ach! nun hört man Schüsse knallen
General Gagern sah man fallen -
Und der tapfre Hinkeldey
Saß zu Pferde auch dabei.

 

Und als Gagern war gefallen
Fing man leider auf dem Rhein,
Zur Bekümmerniß uns Allen,
Unsern edlen Struwel ein;
Man that ihn in Eisen legen,
Aber von des Heckers wegen
Ließ der Oberamtmann Schey
Den Gefangnen wieder frei.

 

Kaiser, Weißhaar, Struwel, Peter,
Alle trieb man allbereits
Gleichsam, als wie Übelthäter
In die schöne freie Schweiz.
Doch der Peter, der kam wieder,
Legt die Statthalterschaft nieder,
„Denn, sprach er, ich werde alt,
Und verlier sonst mein Gehalt“.

 

Hecker, sag, wo bist du Hecker?
Legst die Hände in den Schooß?
Auf nun, du Tyrannenschrecker,
Jetzt geht es auf Freiburg los.
Badner, Hessen und Nassauer
Stehen dorten auf der Lauer;
Doch wir kommen schon hinein,
Denn neutral will Freiburg sein.

 

 

All die schönen Stadtkanonen,
Großer Hecker, sie sind dein;
Und man ladet blaue Bohnen
Nebst Kartätschen schnell hinein.
Langsdorf will recognisciren,
Läßt sich auf den Münster führen,
Und guckt durch ein Perspectiv,
Ob es gut geht oder schief.

 

Oben her vom Güntersthale,
Hinter Wald und Hecken vor,
Kam im Sturm mit einem Male
Siegels wildes tapfres Corps.
Aber uns're Hessenschützen
Ließen ihre Büchsen blitzen,
Und das Corps zog sich zurück -
Aus war's mit der Republik.

 

 

Denn hinein zu allen Thoren
Strömte jetzt das Militär,
Und die Freischaar war verloren
Trotz der tapfren Gegenwehr;
Alle die sich blicken ließen
That das Miltär erschießen;
Alle Führer gingen durch,
Und erobert war Freiburg.

 

Doch nun kamen Herweghs Schaaren,
Er und seine Frau kam nach,
Kamen in der Chais' gefahren
Auf dem Weg nach Dossenbach.
Doch zu ihren großen Ärger
Sah man dort die Würtemberger;
Hauptmann Lipp, der grobe Schwab,
Kam von einem Berg hinab.

 

Heckers Geist und Schimmelpfenning
Machten da den Schwaben warm;
Herwegh sah's, er fuhr einspännig,
Und es fuhr ihm in den Darm.
Unter seinem Spritzenleder
Forcht' er sich vor'm Donnerwetter;
Heiß fiel es dem Herwegh bei,
Daß der Hinweg besser sei.

 

"Ach, Madamchen", that er sagen,
"Aus ist's mit der Republik!
Soll ich Narr mein Leben wagen?
Nein! für jetzt nur schnell zurück!
Laß für meinen Kopf uns sorgen,
Komm ich heut nicht, komm ich morgen;
Ach wie kneipt's mich in den Leib,
Wende um, mein liebes Weib!"

 

Und Madam hieß ihn verkriechen
Sich in ihren treuen Schooß,
Denn er konnt' kein Pulver riechen,
Und es ging erschrecklich los;
Schimmelpfennig ward erstochen,
Manche Sense ward zerbrochen,
Und erschossen mancher Mann
Die ich nicht all nennen kann.

 

Also ist's in Baden gangen;
Was nicht fiel und nicht entfloh,
Ward vom Militär gefangen,
Liegt zu Bruchsal auf dem Stroh! -
Ich, ein Spielmann bei den Hessen,
Der kann Baden nicht vergessen,
Der den Feldzug mitgemacht,
Habe dieses Lied erdacht [Thim36].

 

 

Das schönes neue Lied von dem weltberühmten Struwwel-Putsch

dichtete  ebenfalls Karl Gottfried Nadler,

die Holzschnitte sind von unbekannt

 

Wälzen möcht' ich mich vor Trauer
Und zerraufen meinen Bart,
Weil das Schicksal mir die schauer-
liche Mähr noch aufgespart.
Ach ich kann ja gar nicht weinen,
Todtenbleich muß ich erscheinen,
Meine kalte Stirne schwitzt
Denn der Herr von Struwwel - sitzt!

 

 

Ach! wohl hat er schon gesessen
Zu Säckingen in dem Loch,
Brod und Wasser nur gegessen,
Wieder frei ward er jedoch,
Freiheit, Wurzeln, wie auch Kräuter,
Er begehret auch nichts weiter,
Lebt als Turner frei und frisch,
Und ißt weder Fleisch noch Fisch.

 

Und als offen ward sein Zwinger,
Floh er in das Ellensaß,
Und schrieb wund sich alle Finger,
Bodenleer manch' Tintenfaß;
Und bewies mit vielen Gründen,
Heil und Glück könnt' er nur finden
In der rothen Republik;
Das bewies er Stück für Stück.

 

 

Schrieb' und zog voll Gluth und Eifer
Seinen Damascener raus,
Und rief einen Scherenschleifer
Sammt dem Karren in das Haus;
Er that selbst am Rade drehen,
Rrrr that der Schleifstein gehen,
Bis der Sarras ganz und gar
Scharf wie ein Scheermesser war.

 

Orgeln tönen ohne Rasten,
Bertrands Abschied, Polens Noth;
Putschinell in seinem Kasten
Schlägt mit Prügeln Alles todt;
Hunde tanzen, Affen springen,
Harfendamen hört man singen,
Und aus Böllern Krach auf Krach,
Denn’s ist Jahrmarkt in Lörrach.

 

 

Horch! was schreit mit schrillem Tone
Dort aus dem Gemeindehaus?
Schau! Wer steht auf dem Balkone
Und streckt beide Arme aus?
Eine Säbel in der Rechten,
Thut er durch die Lüfte fechten,
Seine Schärp’ ist feuerroth,
„Freiheit“, schreit er, „oder Tod!“

 

„Freiheit“, ruft er abermalen,
„Wohlstand, keine Steuern mehr,
Ihr braucht nichts mehr zu bezahlen,
Drum gebt euer Geld mir her!
Seht da: Heckers alte Garden,
Italiener, Savoyarden,
Polen, und noch Allerlei
Steht mir heute treulich bei!“

 

Alle Harfendamen schwiegen,
Alle Orgeln standen still;
Putschinell muß sich verkriechen,
Weil kein Mensch ihn hören will;
Alles lauscht mit neuem Jubel
Auf den Mund der Frau von Struwwel,
Die im schwarzen Atlaskleid
Auf den Balkon tritt und scheit:

 

„Hört, ihr Jungfern und ihr Frauen,
Ihr dürft auch nicht müssig seyn;
Geht an’s Barrikadenbauen,
Macht Patronen drauf und drein;
Helfet uns die Freiheit retten,
Bringt mir Hemden und Servietten,
Ich verschmähe so was nie,
Das giebt treffliche Charpie.“

 

Damit war Madam am Ende.
Er rief: „Ist kein Peter da?“
Sieh, nun recket man die Hände,
Hundert Stimmen schreien “ja!“
„Ich - auch ich, - und ich, - rief Jeder,
Kann statthaltern grad wie Peter.“
Also griff er blind hineinr
Und setzt die Regierung ein.

 

Und man baute Barrikaden,
Holte Schuhe, Hemden, Geld.
Wurts, Patronen, Carbonaten,
Alles wurde rasch bestellt.
Lörrachs große freie Geister
Packten Amt und Bürgermeister,
Struwwel packt’ die Cassen ein
Und ließ Lörrach - Lörrach sein.

 

Denn er eilte hin gen Staufen,
Weilt in Müllheim eine Stund’;
Blankenborn mußt’ er sich kaufen,
Tausend Gulden zahlen rund,
Mußt’, als theures Angedenken,
Ihr auch seinen Wagen schenken,
Und vier Pferde obendrein
Und sie dankte und stieg ein.

 

Vorwärts geht es, immer weiter,
Alles muß im Sturm herbei,
Wein und Waffen, Roß und Reiter,
Kisten Kasten, Geld wie Heu;
Feuerzeichen, Sturmgeläute,
Freies Leben, Lust und Freude;
Und wenn die Begeist’rung glüht,
Singt man Schillers Räuberlied.

 

Rumbumbum, die Trommeln gehen,
Und in Staufen zieht man ein.
Züge, kaum zu übersehen,
Zehentausend mögen’s seyn! -
Um den Hals die goldne Kette,
Vor den Augen die Lorgnette,
Liegt zur angenehmen Schau
Breit im Wagen Struwwels Frau.

 

Hinterm Wagen her da kamen
General Löwenfeld und Blind,
Siegel, und wie all die Namen
Dieser tapfren Struwwler sind.
Struwwel eilte, um die Kassen
Für die Freiheit abzufassen,
Aber eh er sich’s versah
Waren schon die Badner da.

 

Genral Hoffmann der „verthierte“,
Der „entmenschte“ General,
Der griff an und kanonierte
Wie ein wahrer Kannibal.
Struwwle rief: „Mein Schatz, aus Staufen
Woll’n wir im Galopp jetz laufen;
Der könnt’ so barbarisch seyn,
Schöß’ uns heut’ noch kurz und klein.“

 

Von den Barrikaden schossen
Alle Struwwler scharf hinaus,
Aber die Haubitzen gossen
Ströme von Kartätschen aus;
Rauch erhebt sich, Häuser brennen,
Struwwler fallen, andre rennen,
Und vor Allen Er und Sie,
Oft im Dreck bis an die Knie.

 

Aus war's mit den Barrikaden,
Alles riß und schoß man ein,
Und die stürmenden Soldaten
Drangen in die Stadt herein.
Frau von Struwwels Hut und Mantel
Fanden sie in einem Kandel (Rinne),
Und ein Söldling war so frech,
Riß das schöne Futter weg;

 

Denn der große Herwegh könnte, -
Das bildt' sich der Esel ein -
Unser Herwegh könnt' am Ende
Eingenäht dazwischen seyn!
Und der sitzt doch warm und trocken;
Aber Struwwel ließ sich locken,
Ging dem Oberamtmann Schey
Jetzt zum zweitenmal in's Gäu.

 

Hart und schwer durch Wald und Felder
Schleppt die rote Republik
Ihre Wintervorrathsgelder
Nach der schönen Schweiz zurück.
Ach, wie mühsam und wie sauer
Ward's dem Struwwel, Betz und Bauer,
Und dem Dusar und dem Blind,
Und Madam dem guten Kind!

 

 

"Polen ist noch nicht verloren"
Sang Madam zwar Anfangs noch,
Aber bald hat sie's gefroren,
Denn ihr Strumpf bekam ein Loch;
Ach vor Frost that sie erbleichen,
Ließ mit Schmink sich roth bestreichen
Und den Schminktopf nahm nachher
Amtmann Schey ihr ab in Wehr.

 

Ja in Wehr ward sie gefunden,
Unsre ganze Republik,
Eingefangen und gebunden
Kam sie von der Grenz zurück;
Als sie grad sich wollt' erquicken,
Mußte Bürgerwehr anrücken,
Und der Oberamtmann Schey,
Auch noch Dieser kam herbei!

 

 

Ach im Mund war kaum der Löffel,
als man sie ergreifen that,
Heiliger Sanct Zitz uned Schlöffel,
Heiliger Sankt Blum schaff Rath!
Ich muß hier mein Lied beschließen,
Meine heißen Zähren fließen,
Meine kalte Stirne schwitzt,
Denn der Herr von Struwwel - sitzt!

 

 

Ich der Spielmann bei den Hessen,
Der das Heckerlied erdacht,
Hab nicht minder unterdessen
Diesen Putsch in Reim gebracht.
Wer dabei nicht war in Laufen,
Braucht nur dieses Lied zu kaufen,
Dann hat er es schwarz auf weiß,
so gewißlich als ich heiß
Karl Gottfried Nadler [Thim36]. 

 

This page was last updated on 01 März, 2012