Freiburgs Geschichte in Zitaten

Große Männer machen Geschichte

 

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Seit dem Mittelalter prägt die Nähe Frankreichs Freiburgs Geschichte. Schon deshalb lässt sie sich nicht isoliert betrachten. Überdies ist sie eingebettet in die Geschichte dreier deutscher Reiche, zweier deutscher Republiken und dreier verheerender Kriege. Darum muss ich zum Verständnis der Geschichte Freiburgs auf den folgenden Seiten häufig auf übergreifende Ereignisse eingehen.  

 

Der Historiker Heinrich von Treitschke wusste einst: Große Männer machen Geschichte [Goer04]*. Bei genauerem Hinsehen stellt man dann fest, dass es immer ehrgeizige und letztlich menschenverachtende Herrschende sind, die große Geschichte machen so wie etwa im Dreißigjährigen Krieg. Über die daraus folgende Not in Deutschland, das Winseln, Jammern und Wehklagen der armen Leute, die Tag und Nacht über die Gewalttaten der unbezahlten, unbeständigen, übeldisziplinierten Soldateska mit viel Tränen zu Gott seufzten, berichtet Golo Mann [Mann06].

*Die Buchstaben- und Zahlenkombinationen in eckigen Klammern beziehen sich auf das Literaturverzeichnis

 

Das führt mich zu dem Schluss: letztlich gibt es in der Geschichte wie überall im Leben, nur deux sortes d'hommes: les emmerdeurs et les emmerdés, wie die Franzosen in ihrer ironisch charmanten Art so treffend formulieren. An Epochen großer Männer mit großer Geschichte schließen sich meist lange Phasen kleiner Geschichte an, in denen der zuvor geschundene gemeine Mann sich in seinem und die vielen verwitweten Frauen sich in ihrem Überlebenswillen bemühen, die Dinge wieder ins Lot zu bringen. Sebastian Franck schreibt in seinem Kriegsbüchlein: Immer fällt das groeßest uebel in kriegen auff die es am wenigesten verschuldt habenn, auf Bauwren, Witwen, Weysen [Preis16].

 

Ein Eintrag in diesem Sinne findet sich in der Familienbibel eines Bauern des Dorfes Gerstetten, das im Dreißigjährigen Krieg nach der Schlacht von Nördlingen in Brand gesteckt wurde: Sie sagen der schreckliche Krieg sei nun vorbei. Ist aber noch nirgends ein Fried zu spüren. Überall sind Neid, Haß und schlimmere Ding – der Krieg hat uns so gelehrt … Vom Fleck stehen noch ein paar Häuser. Wir Leut leben wie die Tier, essen Rinden und Gras. Kein Mensch kann sich denken, daß so etwas vor uns geschehen sei. Viele Leut sagen, es sei jetzt gewiß, daß kein Gott ist … Wir aber glauben, daß Gott uns nicht verlassen hat. Wir müssen jetzt alle beisamen stehen und Hand anlegen, inwendig und auswendig … [Gant02]. Da muss Hegels Bemerkung: Die Geschichte ist nicht der Boden für das Glück. Die Zeiten des Glückes sind ihre leeren Blätter nur zynisch klingen [Loew02].

 

 

Eine Krankengeschichte von Irren?

 

Gängig ist das Klischee, dass die Menschen aus der Geschichte nichts lernen und diese sich deshalb zyklisch negativ wiederholt. Dazu meint Albert Einstein: Die Kinder benutzen nicht die Lebenserfahrungen der Eltern, die Nationen kehren sich nicht um die Geschichte. Die schlechten Erfahrungen müssen immer wieder aufs Neue gemacht werden.

 

Sascha Lobo sieht sogar in dem Nichtlernen eine der großen philosophischen Fragen und hat dafür gleiche mehrere Antworten parat:

 

Ja, man muss sogar (Marxismus).
Nein (Nihilismus).
Ja, aber es ändert nichts (Determinismus).
Egal, es ist eh alles nur ausgedacht (Radikaler Konstruktivismus).
Es ist kompliziert (Postmoderne).
Bisher waren Bevölkerungen und Regierungen dafür zu doof (Hegel
) [Lobo12].

 

Immerhin mag Goethe der Geschichte ein wenig abgewinnen: Das Beste, was wir von der Geschichte haben, ist der Enthusiasmus, den sie erregt.

 

Gottfried Benn kommentiert Geschichtsschreibung mehr als Arzt denn als Dichter: Das Ganze ist zweifellos die Krankengeschichte von Irren [Müll01].

 

History is a set of lies agreed upon by the victor, heißt es im History Principle bei Murphy, eine Feststellung, die der bekannte Autor der Kriminalgeschichte des Christentums Karlheinz Deschner in einem seiner Aphorismen verschärft: Geschichte [ist] die Macht von Minderheiten über die Massen, ein Destillat aus Leichen und Lügen - ein dreckiges Stück, das die Geschichtsschreiber ins Reine schreiben. Man muss die Geschichte kennen, um sie verachten zu können. Das Beste an ihr ist, dass sie vorübergeht. Und so klagt Lew Nikolajewitsch Tolstoi: Geschichte könnte so wunderbar sein, wenn sie denn wahr wäre.

 

Es kommt noch schlimmer, denn der französische Historiker Lucien Febre urteilt über seine Zunft: Es war immer Aufgabe der Geschichtsschreibung, die Vergangenheit für ihre Funktion in der Gegenwart zu organisieren [Kasc98].

 

Als Schüler hörte ich Anfang der 1950er Jahre im guten alten Dampfradio das Verlesen von Hörerbriefen, die sich mit dem Thema Gibt es eine objektive Geschichtsschreibung beschäftigten. An diese Diskussion und die Bemerkung Febres wurde ich vor einigen Jahren bei einem Besuch in Weimar erinnert, wo mir die Instrumentalisierung der Geschichte für die jeweils Regierenden plakativ vor Augen geführt wurde.

 

 

Ich kann nicht über schlechten Geschäftsgang klagen. Jedes Jahr gibts 'nen anderen berühmten Deutschen, den wir republikanisch-demokratisch-sozialistisch auftakeln müssen.

 

Schon die Weimarer Republik mühte sich, Goethe zu einem Demokraten umzufunktionieren, was sich im Kladderadatsch zum Goethejahr 1932 in einer Karikatur niederschlug.

 

Allerdings hatte sich Goethe bereits im Zweiten Reich rechts-national vereinnahmen lassen müssen, als sich der Historiker Erich Marcks zu der Behauptung verstieg: Wir empfinden in Bismarcks Deutsch, wo es am reifsten ist, die Verwandtschaft mit Goethe [Seem12].

 

 

 

Auch wenn das Heinejahr längst vorüber ist, achten Sie im Text auf des Dichters Ansichten über seine Landsleute und staunen Sie über Heines tiefe Einsichten in die
Deutsche Geschichte
:

Er hat nicht nur die zentralen Fragen seiner eigenen Zeit zugleich so provokativ und sensibel zugespitzt wie kaum ein anderer. Er hat auch einige der entscheidenden Verwerfungen der deutschen Geschichte seismographisch genau gespürt und ihre künftigen Entwicklungen vorweggenommen [Wern02].

 

 

 

 

Zur englischen Version: Freiburg's History for Pedestrians

 

 

***

 

 

 

Doch das war alles recht harmlos gemessen an der ideologischen Einvernahme unserer Nationaldichter im Dritten Reich und in der DDR:

 

Wie sich die Bilder gleichen

 

Ist er schon nicht christlich, so muss er doch wohl urgermanisch sein:

Es ist der alte germanische Glaube an die in der Natur waltenden Kräfte, der in Goethe einen neuen und zugleich erhöhten und vergeistigten Ausdruck findet. Es ist die dem Germanentum, vor allem aber dem deutschen Geiste eigentümliche organische und dynamische Auffassung von Welt und Leben und Menschentum [Lind32].

 

 

Der Sozialismus bedrängt von kapitalistischen und revanchistischen Feinden führt seine Bodenreform durch:

Das ist der Weisheit letzter Schluss: Nur der verdient sich Freiheit wie das Leben, Der täglich sie erobern muss! Und so verbringt, umrungen von Gefahr, Hier Kindheit, Mann und Greis sein tüchtig Jahr. Solch ein Gewimmel möcht ich sehn, Auf freiem Grund mit freiem Volke stehn.

Faust II, 5. Akt

 

Ohne Kommentar

 

Da halte ich mich lieber an die tröstlichen Zeilen, die uns der Schweizer Kulturhistoriker Jacob Burckhardt hinterlassen hat: Aus der Geschichte kann man nichts lernen aber, wenn man sich mit ihr beschäftigt, macht sie weise für immer.

 

 

Als eine neüe Waar verkaufft

 

Die folgenden Seiten sollen kein Geschichtsbuch ersetzen, sondern wollen Freiburgs Geschichte in einer möglichst unterhaltsamen Form erzählen. Sie sind kein fertiges Produkt, denn Webseiten lassen sich ständig verändern. Neues Material vor allem Zitate, Anekdotisches und Bilder werde ich immer dann in die Seiten einbauen, wenn dies ihren Unterhaltungswert erhöht.

 

Jacob Burckhardt (©ZVG/Historisches Museum Basel)

 

Zum Abschluss möchte ich Leonard Leopold Maldoner (1694-1765) zitieren, der in der Einleitung zu seiner Geschichte des Breisgaus 1754 schreibt: Männiglichen ist mehr als zur genügen bekannnt, daß von der Landgrafschaffte Breysgau und dessen Angehörungen in denen Geschichtsbücheren ... bleibt gleichwohln noch in verschiedenen Stellen der Unsicherheit unterworffen, die hauptsächlich daher rührt, weil theils Geschicht-Schreiber das, was sie von anderen entlehnt, hernach als eine neüe Waar verkaufft, hingegen damit dem Vatterlande in Sachen geringe Erkäntniß gegeben haben ... [Well76]. In diesem Sinne bekenne ich mich schuldig, wünsche aber trotzdem viel Spaß beim Surfen auf den folgenden Webseiten.

 

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Klicken Sie hier, um Kritik und Anregungen loszuwerden, Manfred Höfert 06.05.2023

 

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This page was last updated on 06 May, 2023